Betreiber einer Internetplattform treffen für Link-Anzeigen zu Schutzrechtsverletzungen im Internet erhöhte Kontrollpflichten

Hat der Betreiber einer Internetplattform Anzeigen im Internet geschaltet, die über einen elektronischen Verweis unmittelbar zu schutzrechtsverletzenden Angeboten führen, treffen ihn erhöhte Kontrollpflichten. Ist der Plattformbetreiber in diesem Zusammenhang auf klare Rechtsverletzungen hingewiesen worden, muss er die über die elektronischen Verweise in seinen Anzeigen erreichbaren Angebote auf problemlos und zweifelsfrei erkennbare Schutzrechtsverletzungen überprüfen.

BGH URTEIL I ZR 216/11 vom 16. Mai 2013 Kinderhochstühle im Internet II

BGB § 830 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2; TMG § 7 Abs. 2 Satz 1; UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2; ZPO § 137 Abs. 3 Satz 1, § 253 Abs. 2 Nr. 2

a) Im Klageantrag und in der Urteilsformel braucht nicht schon zum Ausdruck zu kommen, dass das Verbot auf die Verletzung von Prüfpflichten gestützt ist; vielmehr reicht es aus, dass sich dies mit ausreichender Deutlichkeit aus der Klagebegründung und den Entscheidungsgründen ergibt.
b) Hat der Betreiber einer Internetplattform Anzeigen im Internet geschaltet, die über einen elektronischen Verweis unmittelbar zu schutzrechtsverletzenden Angeboten führen, treffen ihn erhöhte Kontrollpflichten. Ist der Plattformbe-treiber in diesem Zusammenhang auf klare Rechtsverletzungen hingewiesen worden, muss er die über die elektronischen Verweise in seinen Anzeigen er-reichbaren Angebote auf problemlos und zweifelsfrei erkennbare Schutz-rechtsverletzungen überprüfen.
BGH, Urteil vom 16. Mai 2013 – I ZR 216/11 – OLG Hamburg
LG Hamburg

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 4. November 2011 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels in-soweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Beklagte unter Zurückweisung ihrer Berufung nach dem Unterlassungsantrag (… 1. Dritten zu ermöglichen, auf den Internetseiten „www.ebay.de“ Verkaufsangebote einzustellen und/oder 2. Verkaufsangebote selbst zu bewerben …) in der Variante „oder“ verurteilt hat.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 8, vom 29. Dezember 2006 im Umfang der Aufhebung des Berufungsurteils abgeändert.
Die Klage wird auch im Umfang der Abänderung abgewiesen.
Die Kosten der Revision fallen der Beklagten zur Last.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Die Klägerin vertreibt den Kinderhochstuhl „Tripp Trapp“. Der nachfol-gend abgebildete Stuhl wurde Anfang der 70er-Jahre von dem Designer Peter Opsvik für die Rechtsvorgängerin der Klägerin entworfen:
Zum Produktprogramm des Wettbewerbers der Klägerin Hauck gehörten die in der Urteilsformel des Berufungsgerichts (s. unten Rn. 16) abgebildeten Kinderhochstühle „Alpha“ und „Beta“. Ihr Wettbewerber Kettler vertrieb den Kinderhochstuhl „Herlag Moritz“. Die Klägerin nahm die Unternehmen wegen urheberrechtsverletzender Nachbauten ihres Kinderhochstuhls „Tripp Trapp“ erfolgreich in Anspruch.
Die Beklagte betreibt im Internet unter „www.ebay.de“ eine Plattform, auf der Privatleute und Gewerbetreibende gegen Entgelt Waren zur Versteigerung oder zum Kauf zu einem Festpreis anbieten können. Voraussetzung für das Anbieten oder den Erwerb ist eine elektronische Registrierung als Mitglied der Beklagten.
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Die Nutzung des Internetdienstes der Beklagten erfolgt aufgrund ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Diese enthielten jedenfalls bis Anfang 2007 eine Bestimmung, nach der die Beklagte die von ihren Mitgliedern ange-botenen Artikel durch unterschiedliche Maßnahmen, insbesondere durch Ein-bindung auf anderen Internetseiten und Hinweise in E-Mails an ihre Mitglieder, bewirbt. In ihrem Internetauftritt wies die Beklagte darauf hin, dass die Verträge über die auf ihrem Online-Marktplatz angebotenen Artikel ausschließlich zwi-schen den Mitgliedern abgeschlossen werden. Die Allgemeinen Geschäftsbe-dingungen der Beklagten sahen ein Verbot vor, Artikel anzubieten, durch die Urheberund Leistungsschutzrechte sowie gewerbliche Schutzrechte verletzt werden.
Zur Verhinderung rechtsverletzender Angebote durchsucht die Beklagte von den Nutzern eingestellte Angebote regelmäßig auf mögliche Rechtsverlet-zungen und setzt zahlreiche Schlagwortfilter ein, die die Angebote der Nutzer mit Suchbegriffen vergleichen. Sie stellt Inhabern von Schutzrechten ein Pro-gramm zur Verfügung, mit dem diese nach rechtsverletzenden Angeboten auf der Internetplattform der Beklagten suchen und diese melden können. Den Teilnehmern an dieser als VeRI-Programm bezeichneten Suchoption gibt die Beklagte die Daten der Mitglieder heraus, die mit ihren Angeboten Schutzrechte verletzen. Stellt die Beklagte aufgrund der Meldungen der Teilnehmer des VeRI-Programms oder aufgrund eigener Nachforschungen Schutzrechtsverlet-zungen fest, löscht sie die betreffenden Angebote.
Die Parteien streiten darüber, ob eine Bilderkennungssoftware zur Auf-findung rechtsverletzender Angebote verfügbar ist.
Mit Schreiben vom 19. April 2005 und 3. Mai 2005 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass auf ihrer Internetplattform Kinderhochstühle der
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Fabrikate „Alpha“ und „Beta“ von Hauck und „Herlag Moritz“ von Kettler ange-boten wurden. In der Folgezeit fand die Klägerin bei ebay weitere Angebote dieser Kinderhochstühle und mahnte die Beklagte deswegen ab.
Die Beklagte unterhält zu zahlreichen Suchbegriffen sogenannte „Ad-words“-Konten bei Internetsuchdiensten. Bei Eingabe entsprechender Suchbe-griffe in die Suchmaschine erscheinen in den Ergebnislisten Anzeigen der Be-klagten mit vorgegebenen Inhalten. Diese Anzeigen sind regelmäßig mit einem elektronischen Verweis versehen. Klickt der Nutzer diesen elektronischen Ver-weis an, erfolgt automatisch eine Weiterleitung zum Angebot auf der Internet-plattform der Beklagten.
Nach Eingabe des Begriffs „Tripp Trapp“ in das Suchfeld des Internet-suchdienstes „Froogle“ erschien am 19. Dezember 2005 unterhalb der durchge-führten Suche auf der Internetseite folgende Anzeige der Beklagten:
Tripp Trapp
Kindermöbel
finden Sie hier supergünstig
www.ebay.de
Die Anzeige enthielt einen elektronischen Verweis zur Internetplattform der Beklagten. Nach dessen Betätigung erschien das Ergebnis einer automa-tisch durchgeführten Suche nach aktuellen Angeboten auf den Seiten der Be-klagten, die den Suchbegriff „Tripp Trapp“ enthielten.
Am 16. April 2007 erschien bei Eingabe des Suchbegriffs „Tripp Trapp“ in die Suchmaschine „froogle.google.de“ folgende Anzeige der Beklagten mit einem elektronischen Verweis zu ihrer Internetplattform:
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Super Angebote
Riesenauswahl an Spezial-Angeboten
Hier werden Sie fündig!
eBay.de
In der Ergebnisliste, die sich nach Betätigen des Links öffnete, fand sich ein Angebot für einen Kinderhochstuhl „Alpha“.
Die Klägerin hat behauptet, unter den Verkaufsangeboten, zu denen Nutzer über den elektronischen Verweis in den Anzeigen der Beklagten mit dem Begriff „Tripp Trapp“ hätten gelangen können, seien auch Modelle des Kinderhochstuhls „Beta“ von Hauck gewesen. Die Klägerin hat geltend ge-macht, durch das Angebot, die Bewerbung und den Vertrieb der Kinderhoch-stühle „Alpha“ und „Beta“ von Hauck und „Herlag Moritz“ von Kettler werde das Urheberrecht an dem Tripp-Trapp-Stuhl verletzt. Die Klägerin ist der Ansicht, für diese Verletzung hafte die Beklagte entweder als Täterin oder Teilnehmerin, zumindest aber als Störerin. Der Beklagten sei eine umfassende Kontrolle technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar.
Die Klägerin hat die Beklagte soweit für die Revisionsinstanz von Be-deutung auf Unterlassung im Hinblick auf die Verkaufsangebote der Kinder-hochstühle „Alpha“ und „Beta“ von Hauck und „Herlag Moritz“ von Kettler in An-spruch genommen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, sie nehme vor der Veröffentlichung der Angebote eine automatisierte Überprü-fung mit manueller Nachbearbeitung der von den Filtern erzielten Treffer vor. Sie überprüfe zudem einmal täglich manuell alle Verkaufsangebote für Kinder-hochstühle in den für diese Produkte am häufigsten benutzten Kategorien.
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Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen (OLG Hamburg, ZUMRD 2012, 465), wobei es den Unterlassungstenor wie folgt gefasst hat:
Die Beklagte wird unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel, verur-teilt, es zu unterlassen,
im Internet für Internetnutzer in Deutschland zugänglich
1. Dritten zu ermöglichen, auf den Internetseiten „www.ebay.de“ Verkaufsan-gebote einzustellen und/oder
2. Verkaufsangebote selbst zu bewerben,
in denen die folgenden Nachbauten des Kinder-Hochstuhles „Tripp Trapp“ der Klägerin angeboten werden:
a) Hauck „Alpha“
und/oder b) Hauck „Beta“
und/oder c)…
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und/oder d) Kettler „Herlag Moritz“
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Be-klagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revisi-on zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung aufgrund einer Haftung der Beklagten als Störerin in entsprechender Anwendung der §§ 823, 1004 BGB für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
Der Stuhl „Tripp Trapp“ sei ein urheberrechtlich geschütztes Werk der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 UrhG. Der Kläge-rin seien vom Berechtigten die ausschließlichen Rechte zur Verwertung des fraglichen Stuhls wirksam eingeräumt worden. Die Kinderhochstühle „Alpha“ und „Beta“ von Hauck und „Herlag Moritz“ von Kettler seien das Urheberrecht am Tripp-Trapp-Stuhl verletzende Nachbauten. Die Beklagte sei allerdings nicht Täterin oder Teilnehmerin an den in dem Angebot der fraglichen Kinderhoch-stühle von Hauck und Kettler liegenden urheberrechtlichen Verletzungshand-lungen. Sie hafte jedoch als Störerin. Ihr sei es zwar nicht zuzumuten, jedes
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Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Werde sie allerdings auf klare Rechtsverletzungen hinge-wiesen, müsse sie das konkrete Angebot sperren und Vorsorge treffen, dass es nicht zu weiteren Rechtsverletzungen komme. Das „Grundangebot“ der Beklag-ten, die als Betreiberin des Online-Marktplatzes Verkaufsangebote auf ihren Servern speichere, die Modalitäten ihres Dienstes festlege und hierfür eine Vergütung erhalte und Auskünfte allgemeiner Art erteile, habe keine erhöhten Prüfungsverpflichtungen zur Folge. Leiste die Beklagte hingegen ihren Kunden Hilfestellung, um die Präsentation der betreffenden Waren zu optimieren oder werbe sie etwa durch Adwords-Anzeigen in Referenzierungsdiensten wie Google für Angebote, verlasse sie ihre neutrale Stellung. Im Streitfall müsse die Beklagte hinsichtlich der beanstandeten Stuhlmodelle erheblich höhere An-strengungen unternehmen, um zukünftige Rechtsverletzungen zu verhindern. Durch die Adwords-Anzeigen beschränke die Beklagte sich nicht darauf, tech-nische Strukturen bereitzustellen. Die über den elektronischen Verweis in den Werbeanzeigen vom 19. Dezember 2005 und 16. April 2007 mit dem Begriff „Tripp Trapp“ erreichbaren Ergebnislisten hätten Kinderhochstühle der Fabrikate „Alpha“ und „Beta“ von Hauck enthalten. Da auf den Internetseiten der Beklagten wiederholt Kinderhochstühle des Modells „Herlag Moritz“ von Kettler abrufbar gewesen seien und die Schaltung der in Rede stehenden An-zeigen auch zu diesen Verkaufsangeboten führen könnten, bestünde insoweit eine erheblich höhere Prüfungspflicht der Beklagten. Aufgrund dieser erheblich gesteigerten Prüfungspflichten sei die Beklagte zu manueller Kontrolle der An-gebote der beanstandeten Kinderhochstühle verpflichtet gewesen. Dieser sei die Beklagte nicht nachgekommen.
B. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht in allen Punk-ten stand. Das Berufungsgericht ist zu Recht von der Zulässigkeit des Unterlas-sungsantrags ausgegangen (dazu B I). Es hat auch zutreffend angenommen, dass das mit dem Unterlassungsantrag kumulativ verfolgte Verbotsbegehren
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begründet ist (dazu B II). Dagegen steht der Klägerin der Unterlassungsan-spruch nicht zu, soweit die im Antrag unter 1 und 2 angeführten Handlungen mit einem „oder“ verknüpft sind und damit deren isoliertes Verbot verfolgt wird (da-zu B III).
I. Der Unterlassungsantrag ist hinreichend bestimmt.
1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag nicht der-art undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungs-befugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten wird, dem Vollstre-ckungsgericht überlassen bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 I ZR 202/07, GRUR 2010, 749 Rn. 21 = WRP 2010, 1030 Erinnerungs-werbung im Internet).
2. Der Klageantrag genügt den gesetzlichen Bestimmtheitsanforderun-gen. Er ist zwar auslegungsbedürftig. Der Umfang der Prüfungsund Entschei-dungsbefugnis des Gerichts wird jedoch noch hinreichend deutlich.
Durch den Klageantrag in der Verknüpfung mit „und“ soll der Beklagten untersagt werden, auf ihrer Internetplattform für Internetnutzer in Deutschland (1) Dritten zu ermöglichen, auf den Internetseiten „www.ebay.de“ Verkaufsan-gebote von Kinderhochstühlen der abgebildeten Modelle „Alpha“ und „Beta“ von Hauck und „Herlag Moritz“ von Kettler einzustellen, wenn (2) die Beklagte die Verkaufsangebote selbst bewirbt. Die beanstandeten Produkte sind hinrei-chend konkretisiert. Im Unterlassungsantrag angeführt sind bei den Verlet-zungsformen sowohl die Modellbezeichnungen als auch die Abbildungen. Der Unterlassungsantrag erfasst daher sämtliche Verkaufsangebote der fraglichen Modelle, die durch die Modellbezeichnung oder die Abbildungen des beanstan-
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deten Produkts oder durch die Kombination beider Angaben für den Betrachter ohne spezielle Kenntnisse der auf dem Markt befindlichen Modelle zweifelsfrei und ohne Probleme identifizierbar sind. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin den Unterlassungsantrag weitergehend einschränken und das Verbot nur Ver-kaufsangebote mit Abbildungen der entsprechenden Modelle umfassen oder sich nur gegen Angebote richten sollte, in denen sich (auch) die Modellbezeich-nungen wiederfinden, bestehen nicht. Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch der Umstand, dass die Parteien über die Möglichkeit, Effektivität und Zu-mutbarkeit der Überprüfung von Verkaufsangeboten von Kinderhochstühlen durch Schlagwortfilter und Bilderkennungssoftware streiten.
Soweit der Unterlassungsantrag auf eine Störerhaftung gestützt ist, ist das Verbot von der Verletzung von Prüfpflichten abhängig. Das braucht die Klägerin nicht schon im Antrag zum Ausdruck zu bringen. Es folgt vielmehr mit ausreichender Deutlichkeit aus der Klagebegründung und, soweit das Gericht das Verbot auf eine Störerhaftung stützt, aus den Entscheidungsgründen des Urteils, die zur Auslegung des Unterlassungsantrags und des Verbotstenors heranzuziehen sind. Mit der Wendung „im Internet“ erfasst der Unterlassungs-antrag die Aktivitäten auf dem Marktplatz „eBay“. Das ergibt sich aus der Be-zeichnung der Internetseiten mit „www.ebay.de“ im Unterlassungsantrag.
Auch der Klageantrag in der Verknüpfung mit „oder“ (s. dazu unten Rn. 64) scheitert nicht an mangelnder Bestimmtheit.
II. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, soweit er dagegen gerichtet ist, dass die Beklagte Dritten ermöglicht, die in Re-de stehenden Verkaufsangebote auf ihrem Marktplatz für Internetnutzer im In-land erreichbar einzustellen, wenn sie diese Verkaufsangebote selbst bewirbt (Unterlassungsantrag mit „und“-Verknüpfung).
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1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte weder als Täterin noch als Teilnehmerin haftet.
a) Als Täter einer Urheberrechtsverletzung haftet derjenige, der die Merkmale eines Verletzungstatbestands selbst, in mittelbarer Täterschaft oder in Mittäterschaft erfüllt (BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 I ZR 121/08, BGHZ 185, 330 Rn. 13 Sommer unseres Lebens). Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte diese Voraussetzungen auch dann nicht er-füllt, wenn sie ihre neutrale Vermittlerposition als Betreiberin einer Internetplatt-form verlassen und Anzeigen geschaltet hat, über die das Urheberrecht verlet-zende Angebote von Kinderhochstühlen abrufbar waren. Insbesondere verbrei-tet die Beklagte die beanstandeten Kinderhochstühle nicht selbst.
Diesen Erwägungen steht nicht die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union entgegen, der entschieden hat, dass ein Unternehmen wie die Beklagte das Haftungsprivileg des Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 über den elektronischen Geschäftsverkehr nicht in Anspruch nehmen kann, wenn es eine aktive Rolle beim Absatz übernimmt (EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 C324/09, Slg. 2011, I6011 = GRUR 2011, 1025 Rn. 116 und 118 L’Oréal/eBay). Das besagt aber nicht, dass die Beklagte, wenn sie die neutrale Stellung als Betreiberin eines Internetmarktplatzes aufgibt und sich aktiv in die Werbung einschaltet, hinsichtlich der in dem Angebot liegenden Schutzrechts-verletzung täterschaftlich handelt. Die Frage der Verantwortlichkeit der Beklag-ten richtet sich nicht nach der Richtlinie 2000/31 über den elektronischen Ge-schäftsverkehr, sondern nach nationalem Recht (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 107 L’Oréal/eBay). Dessen Beurteilung ist Aufgabe der Gerichte der Mit-gliedstaaten.
Eine täterschaftliche Verantwortung gemäß § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich im Streitfall nicht daraus, dass die Beklagte sich die fremden rechts-
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verletzenden Inhalte zu eigen gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 2009 I ZR 166/07, GRUR 2010, 616 Rn. 23 f. = WRP 2010, 922 marions-kochbuch.de). Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, die die Annahme rechtfertigen, dem verständigen Internetnutzer werde der Eindruck vermittelt, die Beklagte übernehme tatsächlich und nach außen sichtbar die in-haltliche Verantwortung jedenfalls für diejenigen Verkaufsangebote, die über Anzeigen der Beklagten bei Suchmaschinen erreichbar seien.
b) Eine Haftung der Beklagten als Teilnehmerin an Verletzungen des Ur-heberrechts durch die Nutzer nach § 830 Abs. 2 BGB scheidet aus, weil ein zumindest bedingter Vorsatz der Beklagten in Bezug auf die Haupttat, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss, nicht festgestellt ist.
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Be-klagte als Störerin für Verletzungen des Urheberrechts an dem Tripp-Trapp-Stuhl durch das Angebot der Kinderhochstühle „Alpha“, „Beta“ und „Herlag Moritz“ auf ihrem Internet-Marktplatz haftet.
a) Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer ohne Täter oder Teilnehmer zu sein in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschütz-ten Rechts beiträgt (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 I ZR 139/08, GRUR 2011, 152 Rn. 45 = WRP 2011, 223 Kinderhochstühle im Internet I, mwN). Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der Inanspruchge-nommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die weder als Täter noch als Teilnehmer für die begangene Urheberrechtsverlet-zung in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung des Störes nach der Rechtsprechung des Senats die Verletzung zumutbarer Verhaltens-
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pflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus. Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Prüfung zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung des-jenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenom-men hat (BGH, Urteil vom 17. Mai 2001 I ZR 251/99, BGHZ 148, 13, 17 f. ambiente.de; Urteil vom 15. Mai 2003 I ZR 292/00, GRUR 2003, 969, 970 = WRP 2003, 1350 Ausschreibung von Vermessungsleistungen; BGHZ 185, 330 Rn. 19 Sommer unseres Lebens). So hat es der Senat für die Frage der Zumutbarkeit der Verhinderung von Rechtsverletzungen Dritter für erheblich gehalten, ob der als Störer Inanspruchgenommene ohne Gewinnerzielungsab-sicht zugleich im öffentlichen Interesse handelt (BGHZ 148, 13, 19 f. ambiente.de; BGH, Urteil vom 19. Februar 2004 I ZR 82/01, GRUR 2004, 619, 621 = WRP 2004, 769 kurt-biedenkopf.de) oder aber eigene erwerbswirt-schaftliche Zwecke verfolgt und etwa wie der Betreiber einer Internethandels-plattform durch die ihm geschuldete Provision an dem schutzrechtsverletzen-den Verkauf von Erzeugnissen beteiligt ist (BGH, Urteil vom 11. März 2004 I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 252 Internet-Versteigerung I). Weiter ist darauf abzustellen, ob die geförderte Rechtsverletzung eines Dritten aufgrund einer unklaren Rechtslage erst nach eingehender rechtlicher (BGH, Urteil vom 1. April 2004 I ZR 317/01, BGHZ 158, 343, 353 Schöner Wetten) oder tat-sächlicher Prüfung (BGH, GRUR 2011, 152 Rn. 39 ff. Kinderhochstühle im Internet I) festgestellt werden kann oder aber für den als Störer Inanspruchge-nommenen offenkundig und unschwer zu erkennen ist (BGHZ 148, 13, 18 ambiente.de; BGHZ 158, 236, 252 Internet-Versteigerung I; BGH, Urteil vom 19. April 2007 I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 47 Internet-Versteigerung II).
Einer allgemeinen Prüfungspflicht von Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG für die von Nutzern auf ihre Server eingestellten Dateien steht § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflich-
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tet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwa-chen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten. Nach dieser Vorschrift, die auf Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht, sind Überwachungspflichten allgemeiner Art ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind dagegen Überwa-chungspflichten in spezifischen Fällen. Diensteanbieter, die von Nutzern bereit-gestellte Informationen speichern, müssen außerdem die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegte Sorgfalt aufwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkei-ten aufzudecken und zu verhindern (Erwägungsgrund 48 der Richtlinie 2000/31; vgl. BGH, Urteil vom 18. November 2010 – I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 40 = WRP 2011, 881 – Sedo; Urteil vom 12. Juli 2012 I ZR 18/11, BGHZ 194, 339 Rn. 19 Alone in the Dark).
Nach diesen Maßstäben ist es der Beklagten als Betreiberin einer Inter-nethandelsplattform grundsätzlich nicht zuzumuten, jedes Angebot vor Veröf-fentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 109 ff. und 139 L’Oréal/eBay; BGH, Urteil vom 17. August 2011 I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 21 Stiftparfüm; für einen Internetserviceprovider EuGH, Urteil vom 24. November 2011 C70/10, GRUR 2012, 265 Rn. 47 bis 54 Scarlet/SABAM; für den Betreiber eines sozialen Netzwerks EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 C360/10, GRUR 2012, 382 Rn. 33 = WRP 2012, 429 Netlog/SABAM). Wird sie allerdings auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen, muss sie nicht nur das konkrete Angebot un-verzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Schutzrechtsverletzungen kommt (BGHZ 158, 236, 252 Internet-Versteigerung I; BGH, Urteil vom 30. April 2008 I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 51 = WRP 2008, 1104 Internet-Versteigerung III; BGHZ 191, 19 Rn. 21 f. Stiftparfüm; vgl. auch EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 119 und Rn. 141 bis 143 L’Oréal/eBay).
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Verlässt der Anbieter dagegen seine neutrale Vermittlerposition und spielt eine aktive Rolle, die ihm Kenntnis von bestimmten Daten oder Kontrolle über sie verschaffen konnte, wird er hinsichtlich dieser Daten nicht vom Anwen-dungsbereich des Art. 14 der Richtlinie 2000/31 über den elektronischen Ge-schäftsverkehr erfasst (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 113 und 116 L’Oréal/eBay). Insoweit kann er sich auch nicht auf das Haftungsprivileg der Art. 14 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 und des § 7 Abs. 2 TMG berufen (BGHZ 191, 19 Rn. 23 Stiftparfüm).
Von diesen Maßstäben ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat zu Recht angenommen, dass die in Rede stehenden Angebote das Urhe-berrecht an dem Tripp-Trapp-Stuhl verletzen und die Klägerin zur Verfolgung der Urheberrechtsverletzungen berechtigt ist (dazu B II 2 b) und dass die Be-klagte als Störerin haftet (dazu B II 2 c).
b) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass dem Tripp-Trapp-Stuhl als Werk der angewandten Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 UrhG urheberechtlicher Schutz zukommt und durch den Vertrieb der Kinder-hochstühle „Alpha“, „Beta“ und „Herlag Moritz“ das Urheberrecht verletzt wird. Zur Begründung hat das Berufungsgericht Bezug genommen auf die im vorlie-genden Rechtsstreit vorgelegten Abdrucke der Urteile des Oberlandesgerichts Hamburg vom 1. November 2001 3 U 115/99 (ZUM-RD 2002, 181), vom 27. Januar 2005 5 U 81/04 und vom 21. August 2002 5 U 217/01 (juris), die die in Rede stehenden Kinderhochstühle zum Gegenstand haben. Das Beru-fungsgericht ist weiter davon ausgegangen, dass der Klägerin vom Berechtigten wirksam das ausschließliche Recht an der Verwertung des Tripp-Trapp-Stuhls eingeräumt worden ist und sie deshalb zur Verfolgung des Unterlassungsan-spruchs berechtigt ist. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
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aa) Die Revision hat in anderem Zusammenhang gerügt, weder die Klä-gerin noch das Berufungsgericht hätten ausgeführt, warum der Tripp-Trapp-Stuhl urheberechtlich geschützt sei und durch die streitgegenständlichen Aus-führungsformen verletzt werde. Mit diesem Angriff dringt die Revision nicht durch. Die Beklagte hatte zwar in den Instanzen geltend gemacht, die Klägerin habe die Voraussetzungen der Verletzung des Urheberrechts nicht schlüssig dargelegt. Das traf jedoch nicht zu. Die Klägerin hatte sich gemäß § 137 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässigerweise auf die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Hamburg zu den Urheberrechtsverletzungen durch die Verbreitung der bean-standeten Kinderhochstühle bezogen. Dass die Beklagte der Bezugnahme wi-dersprochen hat, zeigt die Revision nicht auf.
Das Berufungsgericht konnte ebenfalls auf die den Parteien bekannten Entscheidungen Bezug nehmen, ohne deren Inhalt im Einzelnen zu wiederho-len. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass nicht nur die Bezugnahme auf eine Entscheidung, die zwischen denselben Parteien ergangen ist, sondern auch die Bezugnahme auf eine zwischen anderen Parteien ergangene Ent-scheidung zulässig ist, sofern sie Gegenstand der mündlichen Verhandlung war (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 1962 I ZB 27/62, BGHZ 39, 333, 345 f. Warmpressen; Beschluss vom 2. Oktober 1970 I ZB 9/69, GRUR 1971, 86, 87 Eurodigina; Urteil vom 8. November 1990 I ZR 49/89, NJWRR 1991, 830). Das war vorliegend der Fall. Die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts wird durch die Bezugnahme ebenfalls nicht beeinträch-tigt.
bb) Die Klägerin ist nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Be-rufungsgerichts als Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte auch aktivlegiti-miert, den Unterlassungsanspruch geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 1999 I ZR 65/96, BGHZ 141, 267, 272 f. Laras Tochter).
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c) Die Beklagte ist für die in Rede stehenden Verletzungen des Urheber-rechts als Störerin verantwortlich.
aa) Einem Unternehmen, das wie die Beklagte im Internet eine Platt-form für Fremdversteigerungen und Käufe zwischen Dritten betreibt, ist es zwar nicht zuzumuten, jedes Angebot vor der Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Ist die Beklagte aber auf klare Rechtsverletzungen hingewiesen worden, muss sie nicht nur das konkrete An-gebot unverzüglich sperren (§ 10 Satz 1 Nr. 2 TMG); sie muss vielmehr auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Urheberrechts-verletzungen kommt (vgl. BGHZ 158, 236, 252 Internet-Versteigerung I; BGHZ 191, 19 Rn. 25 bis 28 Stiftparfüm; BGHZ 194, 339 Rn. 31 Alone in the Dark).
bb) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 3. Mai 2005 auf die das Urheberrecht an dem Tripp-Trapp-Stuhl verletzenden Angebote der Kinderhochstühle „Alpha“ und „Beta“ auf ihrer Internetplattform und mit weiteren Schreiben vom 19. April 2005 auf die ent-sprechenden Angebote des Modells „Herlag Moritz“ hingewiesen hat. Die Be-klagte war danach verpflichtet, Vorsorge zu treffen, dass es nicht zu weiteren Rechtsverletzungen kam.
cc) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte im Streitfall diese Verpflichtung verletzt hat.
(1) Allerdings dürfen nach der Senatsrechtsprechung der Beklagten, die zu den Diensteanbietern im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG zählt, keine Verhaltens-pflichten auferlegt werden, die ihr von der Rechtsordnung gebilligtes Ge-schäftsmodell gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren. Grundsätzlich ist es daher nicht erforderlich, dass die Beklagte zur Aufdeckung
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von Schutzrechtsverletzungen Überwachungsmaßnahmen trifft, die über die Anwendung zumutbarer Filterverfahren und eine anschließende manuelle Kon-trolle ermittelter Treffer hinausgehen. Dazu muss der Beklagten im Hinblick auf die große Zahl von Angeboten auf ihrer Internetplattform eine Filtersoftware zur Verfügung stehen, die Verdachtsfälle aufspüren kann (vgl. BGH, GRUR 2011, 152 Rn. 38 Kinderhochstühle im Internet I).
Diese Maßstäbe können allerdings nur dann uneingeschränkt gelten, so-lange die Beklagte ihre neutrale Stellung als Betreiberin der Internetplattform nicht verlässt. Übernimmt der Plattformbetreiber dagegen eine aktive Rolle durch Schaltung von Anzeigen, die unmittelbar zu schutzrechtsverletzenden Angeboten führen, treffen ihn regelmäßig weitergehende Prüfungspflichten. Muss er sich in diesen Fällen die Möglichkeit verschaffen, die von ihm aktiv be-worbenen Verkaufsangebote zu kontrollieren, wird er nicht dazu genötigt, sämt-liche Angaben seiner Kunden vor der Veröffentlichung zu überwachen.
(2) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Beklagte habe mit den von ihr gebuchten Adwords-Anzeigen vom 19. Dezember 2005 und 16. April 2007 ihre neutrale Stellung als Betreiberin eines Internetmarkplatzes verlassen und eine aktive Rolle übernommen. Sie habe durch die Anzeigen konkrete Angebote beworben. Dann sei sie zur Überprüfung aller Angebote verpflichtet, die in der über die Anzeigen erreichbaren Ergebnisliste zu finden seien. In der über die Anzeigen vom 19. Dezember 2005 und 16. April 2007 erreichbaren Ergebnisliste hätten sich Modelle des Kinderstuhls „Beta“ (Anzei-ge vom 19. Dezember 2005) und „Alpha“ (Anzeige vom 16. April 2007) befun-den. Das Modell „Herlag Moritz“ sei in den Ergebnislisten zwar nicht angeführt gewesen. Die Klägerin habe die Beklagte jedoch in den Jahren 2005 bis 2008 wiederholt auf rechtsverletzende Angebote des Modells „Herlag Moritz“ auf ih-rer Internetplattform hingewiesen. Die in Rede stehenden Adwords-Anzeigen vom 19. Dezember 2005 und 16. April 2007 seien so gestaltet gewesen, dass
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bei Eingabe des Suchbegriffs „Tripp Trapp“ in den Internetproduktdienst „Froogle“ die Anzeigen erzeugt worden seien, die zu entsprechenden Sucher-gebnissen mit diesem Begriff geführt hätten. Angebote des Modells „Herlag Mo-ritz“ seien daher ohne weiteres automatisch aufgerufen worden, wenn entspre-chende Angebote von Nutzern eingestellt worden seien. Im Streitfall sei die Be-klagte danach verpflichtet gewesen, sämtliche durch Wortfilter in ihrem Inter-netauftritt auffindbaren Angebote von Kinderhochstühlen einer manuellen Kon-trolle zu unterziehen, ob sich die Modelle „Alpha“, „Beta“ und „Herlag Moritz“ darunter befänden. Dadurch werde auch das Geschäftsmodell der Beklagten nicht gefährdet. Die entsprechenden Prüfungspflichten seien nicht unzumutbar. Die ihr obliegenden Prüfungspflichten habe die Beklagte verletzt. Auch nach den Schreiben vom 19. April und 3. Mai 2005 sei es zu zahlreichen, das Urhe-berrecht am Tripp-Trapp-Stuhl verletzenden Angeboten der beanstandeten Mo-delle der Kinderhochstühle auf der Internetplattform der Beklagten gekommen. Dazu seien auch Angebote zu zählen, die über die elektronischen Verweise in den Anzeigen vom 19. Dezember 2005 und 16. April 2007 erreichbar gewesen seien. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr sei aufgrund der Verletzungshandlungen der Beklagten gegeben.
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
(3) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, den Betreiber einer Internet-handelsplattform treffe keine Pflicht, jedes Angebot auf eine mögliche Rechts-verletzung zu überprüfen. Die Kontrollpflichten müssten gerecht, verhältnismä-ßig und nicht übertrieben kostspielig sein und dürften keine Schranke für den rechtmäßigen Handel errichten.
Im Streitfall werden der Beklagten keine allgemeinen, jedes Angebot ih-rer Kunden betreffenden Überwachungspflichten auferlegt, die nach der Recht-sprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union grundsätzlich ausge-
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schlossen sind (vgl. EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 139 L’Oréal/eBay; GRUR 2012, 265 Rn. 35 Scarlet/SABAM; GRUR 2012, 382 Rn. 33 Netlog/SABAM). Vielmehr sind die hier in Rede stehenden weitergehenden Prüfungspflichten auf bestimmte Produkte beschränkt. Diese werden dadurch ausgelöst, dass die Beklagte Anzeigen zu einem Suchbegriff vorliegend „Tripp Trapp“ bucht, die einen elektronischen Verweis enthalten, der unmittelbar zu einer von der Be-klagten erzeugten Ergebnisliste führt, die schutzrechtsverletzende Angebote enthält. Bucht die Beklagte entsprechende Suchbegriffe für die Anzeigen, ist es ihr zumutbar, die Ergebnislisten, zu denen der Nutzer über die elektronischen Verweise in den Anzeigen gelangt, in dem vom Berufungsgericht dargelegten Umfang einer Überprüfung zu unterziehen, wenn sie vom Inhaber des Schutz-rechts auf klare Rechtsverletzungen hingewiesen worden ist. Derartige Be-schränkungen sind wirksam und verhältnismäßig. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Ergebnislisten statisch oder dynamisch sind, ob also bei Eingabe eines bestimmten Suchworts über eine konkrete Adwords-Anzeige immer die gleiche Trefferliste erzeugt wird oder diese sich wegen des ständig verändernden Angebots auf der Internetplattform der Beklagten eben-falls verändert. Unerheblich ist auch, dass die Beklagte die Ergebnislisten au-tomatisch erzeugt (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 I ZR 51/08, GRUR 2010, 835 Rn. 46 = WRP 2010, 1165 POWER BALL).
Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklag-te sich nicht mit Erfolg darauf berufen kann, sie habe in einer Kalenderwoche des Jahres 2011 sämtliche 32.553 Angebote von Kinderhochstühlen einer ma-nuellen Überprüfung unterzogen; nur in 51 Fällen hätte dies zu einer Löschung des Angebots geführt. Lenkt die Beklagte Internetnutzer zu Ergebnislisten, in denen rechtsverletzende Angebote enthalten sind, rechtfertigen auch 51 Ver-letzungsfälle in einer Woche den von ihr behaupteten Kontrollaufwand.
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Ohne Erfolg beruft sich die Revision unter Hinweis auf die Entscheidung „L’Oréal/eBay“ des Gerichtshofs der Europäischen Union (GRUR 2011, 1025 Rn. 141) darauf, die Prüfungspflichten der Beklagten seien auf Internetnutzer beschränkt, die bereits durch eine Schutzrechtsverletzung aufgefallen seien. Der Gerichtshof hat in der Entscheidung betont, dass die dort angeführten Maßnahmen keine abschließende Aufzählung darstellen (EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 143 L’Oréal/eBay).
(4) Die Revision meint, eine aktive Rolle der Beklagten durch Schaltung von Adwords-Anzeigen könne nur dazu führen, dass die Beklagte das Haf-tungsprivileg des Art. 14 der Richtlinie 2000/31 über den elektronischen Ge-schäftsverkehr verliere. Erhöhte Anforderungen an die Prüfungspflichten könn-ten sich daraus nicht ergeben. Dem kann nicht zugestimmt werden. Aus dem Umstand, dass die Beklagte sich auf das Haftungsprivileg nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31 nicht berufen kann, wenn sie ihre neutrale Stellung zu-gunsten einer aktiven Rolle verlässt, folgt nicht, dass sie nicht in weitergehen-dem Umfang für Schutzrechtsverletzungen auf ihrer Plattform verantwortlich ist, wenn Nutzer über die von ihr gebuchten Anzeigen unmittelbar zu rechtsverlet-zenden Angeboten gelangen und die Beklagte zuvor auf klare Rechtsverletzun-gen hingewiesen worden ist.
(5) Ebenfalls ohne Erfolg weist die Revision auf das Geschäftsmodell der Beklagten hin, bei dem die Angebote vollautomatisch sowie ohne vorherige Kontrolle hochgeladen und Dritten zur Verfügung gestellt werden, womit eine manuelle Kontrolle nicht vereinbar sein soll. Dasselbe gilt für den Umstand, dass nach Darstellung der Beklagten bislang keine Bilderkennungssoftware verfügbar ist, mit der urheberrechtsverletzende und unbedenkliche Kinderhoch-stühle unterschieden werden können, und dass sie Schutzrechtsinhabern das VeRI-Programm zur Verfügung stellt.
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Auf diese Gesichtspunkte kommt es im Streitfall nicht an. Sie sind be-achtlich, wenn das Geschäftsmodell der Beklagten zu beurteilen ist, bei dem sie sich auf eine reine Vermittlerrolle beschränkt (vgl. BGH, GRUR 2011, 152 Rn. 38 bis 40 und 43 Kinderhochstühle im Internet). Das ist vorliegend auf-grund der Adwords-Anzeigen gerade nicht mehr der Fall.
Die Revision hat zwar in anderem Zusammenhang darauf abgestellt, in den Adwords-Anzeigen fehlten Angaben zu urheberrechtsverletzenden Produk-ten. Auch dies ist im Streitfall nicht entscheidend. Die Beklagte hat für die An-zeigen den Suchbegriff „Tripp Trapp“ gewählt. Damit hat sie die Gefahr begrün-det, dass Internetnutzer bei Eingabe dieses Suchbegriffs auf die von der Be-klagten gebuchten Anzeigen aufmerksam werden und über den elektronischen Verweis unmittelbar zu rechtsverletzenden Angeboten auf der Internetplattform der Beklagten gelenkt werden. Dies rechtfertigt erhöhte Prüfungspflichten der Beklagten.
(6) Anders als die Revision meint, wird der Beklagten auch keine im Ein-zelfall nur schwer oder gar nicht zu erfüllende Prüfungspflicht auferlegt, weil die den Verkaufsangeboten beigestellten Bilder eine zuverlässige Beurteilung nicht zuließen. Das vor dem Berufungsgericht erfolgreiche Unterlassungsbegehren und entsprechend der Verbotstenor erfasst nur Fälle, in denen eine Identifizie-rung der Modelle „Alpha“, „Beta“ und „Herlag Moritz“ anhand der Bezeichnung oder der Abbildungen problemlos und zweifelsfrei möglich ist (s. dazu oben Rn. 24).
Die Beklagte braucht sich bei der Überprüfung entgegen der Ansicht der Revision nicht mit den schutzbegründenden Merkmalen des Tripp-Trapp-Stuhls auseinanderzusetzen. Die Beklagte muss die Angebote nur darauf überprüfen, ob sie die beanstandeten Kinderhochstühle zum Gegenstand haben.
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(7) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Streitfall weise Beson-derheiten auf, die gegen eine Zumutbarkeit umfassender Prüfungspflichten sprächen. Der von der Revision in diesem Zusammenhang angeführte Um-stand, dass die Klägerin nur zeitlich stark verzögert gegen die Hersteller der beanstandeten Kinderhochstühle vorgegangen sei, lässt sich den Feststellun-gen des Berufungsgerichts nicht entnehmen; die Revision rügt auch nicht, dass das Berufungsgericht entsprechenden Vortrag der Beklagten übergangen hat. Auf den weiteren von der Revision angeführten Umstand, dass es sich bei den angebotenen Stühlen von Hauck und Kettler nicht um klassische Piraterieware handelt, kommt es nicht an.
dd) Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist im Streitfall nicht geboten. Die Fragen, die sich vorlie-gend zu der Haftung von Internetplattformbetreibern auf der Grundlage des Unionsrechts stellen, sind durch die angeführten Entscheidungen des Gerichts-hofs der Europäischen Union geklärt. Die Umsetzung dieser Entscheidungspra-xis im konkreten Fall und die Beurteilung der Verantwortlichkeit der Beklagten anhand der nationalen Vorschriften ist Aufgabe der deutschen Gerichte (vgl. EuGH, Urteile vom 23. März 2010 C236/08 bis 238/08, Slg. 2010, I2417 = GRUR 2010, 445 Rn. 88, 107 und 119 Google France/Louis Vuitton; EuGH, GRUR 2011, 1025 Rn. 107 L’Oréal/eBay).
III. Die Revision hat dagegen Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht der Beklagten durch die Verknüpfung des Unterlas-sungsbegehrens mit „oder“ die beiden im Klageantrag angeführten Verhaltens-weisen auch isoliert verboten hat. Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Beru-fungsurteil insoweit nicht mit Gründen versehen ist (§ 547 Nr. 6 ZPO). Anders als die Revisionserwiderung meint, kann die Reichweite des Verbots nicht durch Heranziehung der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entschei-
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dung auf die Einstellung von Verkaufsangeboten beschränkt werden, für die die Beklagte in der beanstandeten Weise aktiv geworben hat. Dieses Verbot ent-spricht der Variante des Unterlassungsantrags, bei dem die unter 1 und 2 be-zeichneten Handlungen mit einem „und“ verknüpft sind. Auf diese Variante hat die Klägerin den Unterlassungsantrag und das Berufungsgericht die Verbots-formel aber nach dem eindeutigen Wortlaut nicht beschränkt.
C. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann danach teilweise nicht aufrechterhalten werden (§ 562 ZPO). Einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht bedarf es nicht, weil der Senat auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts selbst beurteilen kann, dass die Voraussetzungen eines isolierten Unterlassungsanspruchs nicht vorliegen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Für ein isoliertes Verbot ist eine Begründung nicht ersichtlich. Auch die Revisi-onserwiderung zeigt keine Begründung für ein entsprechendes Verbot auf, son-dern vertritt den Standpunkt, dem Berufungsurteil sei ein entsprechendes Ver-bot nicht zu entnehmen.
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D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 29.12.2006 – 312 O 858/06 –
OLG Hamburg, Entscheidung vom 04.11.2011 – 5 U 45/07 –

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